Da gibt’s nix zu lachen:
Die Konstituierung des "Wir" im Gelächter über die Anderen
Gudrun Perko

Lachen gefährde nicht nur die Vernunft, bringe nicht nur körperliche Vorgänge durcheinander; im Lachen würden „umwälzende Kräfte“ stecken, es wirke ansteckend - so der Tenor antiker Philosophen. Das Gelächter des thrakischen Bauernmädchens über die „Narrheit“ Thales zeugt von der Gefährlichkeit des Lachens. Die obszöne Geste Baubos, Figur der griechischen Mythologie, bringt Demeter zum Lachen.
Während die Gestik Baubos feministische Theoretikerinnen auf Spuren des „weiblichen Gelächters“ brachte, verleitete das Gelächter des Spottes bislang kaum zu Spekulationen. Die Befürchtung Platons, dass es zum lächerlich machen der Philosophie durch die Vielen führen könnte, scheint obsolet geworden. Verankert aber hat sich die Böswilligkeit des Lachens in vielfältigen Variationen: im Verhältnis zwischen den Ausgelachten und den Lachenden, in dem Bergson jenes von „Henker und Opfer“ sah und das Arendt zur Aussage über das „Lächerlichmachen eines Gegners als einer gefährlichen Waffe“führte. Ziel dieses (kollektiven) Lachens: die Anpassung an eine Gesellschaft bzw. Gruppe bei gleichzeitiger Erniedrigung der „Nicht-Angepassten“, die Verankerung eines „Wir“ bei gleichzeitiger Konstituierung und negativen Stilisierung „der Anderen“.
Die Frage ist noch nicht beantwortet: gibt es ein spezifisch „weibliches Gelächter“ - ein Gelächter des Spottes?

Gudrun Perko, Philosophin, freie feministische Wissenschafterin, Universitätslektorin und Wissenschaftscoach (gp_profundus. think.process), Mitbegründerin des Verbands feministischer Wissenschafterinnen, Österreich und Emma Goldmann Institut, Berlin.
 

 

 

 

Termin(e)
  • Mi, 14.11.2001 18:00
    Preis
  • Eintritt frei
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  • Diskurs zum Zyklus


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