die standard.at kultur
27.September 2001
"Meine Vagina ist eine Muschel..."
Die Aufführung der Vagina- Monologe im kosmos.frauenraum eröffnet einen neuen
Blick auf weibliche Intimität
Vorstellungen bis 5. Oktober: Di bis Sa
jeweils um 20.30 Uhr, kosmos.frauenraum, Siebensterngasse 42, 1070 Wien, Tel.:
523 12 26
"Meine Vagina ist eine Muschel, sie öffnet und
schließt sich wie eine Muschel. Meine Vagina ist ein Haus, das meine Freude
beherbergt. Meine Vagina ist etwas ganz Besonderes, ein Diamant..."
Viele Metaphern für die Vagina findet Eve Ensler in ihrem 1996 in
New York mit großem Erfolg uraufgeführten Stück "Die
Vagina-Monologe". Ensler interviewte dazu über 200 Frauen aus der ganzen
Welt zu ihrer Vagina: "Was würde deine Vagina erzählen, könnte sie reden?"
Vom fünfjährigen Mädchen bis zur 80jährigen Frau erzählen sie sehr intime,
emotionale Geschichten über ihre "Tschurimuri".
Am Mittwoch fand die Premiere des von der Theatergruppe Herzblut
aufgeführten Stücks im Wiener kosmos.frauenraum statt.
Schneeflocken
Die vielfältigen Erzählungen reichen von Berichten über
Menstruation, Geburt, ersten Sex, lesbischem Begehren und Lust bis zu Verboten,
Angst und Gewalt. Besonders eindrucksvoll stellt die junge Schauspielerin
Birgit C. Krammer Berichte über sexuellen Missbrauch, sowie die Erzählung einer
bosnischen Frau über Vergewaltigung dar. Sie windet sich in der als großen
Vagina interpretierbaren Rauminstallation von as_architecture/Wien. Die Lichter
wechseln, ihre Stimme hallt wider durch die Lautsprecher und die ZuseherInnen
sehen nur ihren Schatten durch die Textilwände.
Es wird deutlich, wie stark das eigene Verhältnis zum Körper von
der Rolle der Vagina im eigenen Leben abhängt. So lehnt eine ältere Frau tiefes
Erleben und Spüren des "da unten" wegen einer negativen Erfahrung in
ihrer Jugend ab. Ein junges Mädchen erzählt von ihrer Vagina, die für sie nach
"Schneeflocken" riecht. Sie stellt sich vor, ihre
"Tschurimuri" würde sich eine Baseballkappe und rote Schuhe anziehen.
Kultur von Vaginas
Ensler: "Dieses Stück ist entstanden, weil ich anfing, mir
über die Vagina Sorgen zu machen. Ich machte mir Sorgen darüber, was wir über
Vaginas denken, aber noch mehr beunruhigte mich, dass wir nicht über sie
nachdenken. Die Vagina bräuchte die Gesellschaft anderer Vaginas, eine Gemeinschaft,
eine Kultur von Vaginas.(...)Ich sage Vagina, weil ich Statistiken gelsen habe
und weil überall schreckliche Dinge mit der Vagina geschehen: 500.000 Frauen
werden jedes Jahr in der USA vergewaltigt, 100 Millionen Frauen wurden genital
verstümmelt, und die Liste geht weiter und weiter...ich sage 'Vagina', weil ich
will, dass da aufhört."
Überzeugende Darstellung
Die Darstellung von Birgit C. Krammer unter der Regie von Katrin Aissen ist überzeugend emotional-intensiv. Für die unterschiedlichen Geschichten und die ständig wechselnden Personendarstellung ändert Krammer einfach etwas an ihrem blutroten Kleid, zieht es über den Kopf oder wickelt sich damit ein. Weitere Vorstellungen gibt es bis zum 5. Oktober von Dienstag bis Samstag jeweils um 20.30 Uhr im kosmos.frauenraum. (aus)