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10.September 2001

Lauter! Frauen! gegen die herrschende Kunst- und Frauenfeindlichkeit
kosmos.frauenraum: Bestandsaufnahme feministischer Perspektiven und österreichischer Strukturen

Die ersten Veranstaltungen des kosmos.frauenraum in der neuen Saison gelten der Theaterproduktion "Großes Kind - Totes Kind" von Claire Dowie (Premiere: 11.9.), dem Monolog "Kein Denkmal für Gudrun Ensslin" von Christine Brückner (Premiere: 17.9.), Eve Enslers "Vagina-Monologen" (ab 26.9.) sowie Andreas Staudingers "Fremdkörper" (ab 10.10.).

 

Wien - Unter das Motto "Ihr Auftritt Bitte! Künstlerinnen und Kulturarbeiterinnen werden lauter. Lauter Frauen!" hat der kosmos.frauenraum seine Pressekonferenz gestellt, die am Montag nicht nur der Präsentation des Herbstprogramms gewidmet war, sondern zuallererst der Sorge, die alle Künstlerinnen und Kunstinitiativen mit feministischen Zielsetzungen betrifft. Sie sehen sich "von der herrschenden Kunst- und Frauenfeindlichkeit betroffen" betonte kosmos-Leiterin Barbara Klein.

Maßnahmen, die Aufbauarbeit zerstören

Die bildende Künstlerin Romana Hagyo nannte es am Pult einer Podiumsdiskussion "skandalös, wieviel Aufbauarbeit diese Regierung schon zerstört hat". Statt für die Umsetzung der von Österreich bereits 1981 ratifizierten "Konvention zur Beseitigung jeder Diskriminierung der Frau" (Convention on the Elimination of Discrimination against Women CEDAW) zu sorgen, habe der aktuelle CEDAW-Bericht 2001 über die Lage der Frauen in Österreich bewiesen, dass hier zahlreiche Maßnahmen getroffen worden seien, die dem Zweck dienen, "das weiterbestehende kulturelle Rollenklischee von der Frau als Hausfrau und Mutter" neuerlich zu festigen, kritisierte Barbara Klein: "vom Kinderscheck über die Abschaffung des Frauenministeriums, Kürzungen im Sozial-, Medien-, Kunst-, Wissenschafts- und Bildungsbereich bis hin zur Lachnummer Männerabteilung".

Dass der kosmos.frauenraum im Jahr 2001 für den laufenden Betrieb gerade 3,85 Millionen Schilling erhält, wobei die Stadt Wien 3 Millionen, der Bund aber nur 0,85 Millionen zusagte, fügt sich für die kosmos-Frauen in ein größeres Bild, das sie mit zahlreichen Frauen-Fallbeispielen belegen können.

Geschlechterhierarchie unverändert

Dieses Bild allerdings tatsächlich in einer Studie abgesichert zu belegen, dafür gibt es nicht einmal ausreichende Unterlagen und Zahlenmaterial. Den Mangel an Daten und Zahlenmaterial in Österreich nannte die Politikwissenschaftlerin Monika Mokre als eine der Autorinnen der Studie "Frauen in Kultur- und Medienberufen in Österreich" als die eigentlich erschütternde Erkenntnis. Das Ergebnis der Studie sei ja kaum überraschend, meinte Mokre. Auch im Kunst- und Medienbereich sind die Geschlechterhierarchien die gleichen wie auf dem Gesamtarbeitsmarkt: Frauen finden sich vor allem in Bereichen, die mit wenig Kapital und Prestige ausgestattet sind. Dort ist es ihnen sogar möglich, Führungspositionen einzunehmen. In Kultureinrichtungen, die über große Budgets und das entsprechende Prestige verfügen, bleiben die höheren Ränge meist Männern vorbehalten.

Feminisierung von Arbeitsbereichen

Darüberhinaus aber zeichnet sich der Kunst- und Medienbereich durch prekäre Arbeitsverhältnisse und geringe soziale Absicherung aus, die für Frauen noch härtere Auswirkungen als für Männer haben. "Finanzielle Kürzungen im Kulturbereich dürften voraussichtlich mittelfristig zu einer noch stärkeren 'Feminisierung' des Feldes führen, d.h. parallel zur Verschlechterung der materiellen Bedingungen steigt der Anteil der Frauen in diesem Feld", lautet ein Resümee der Studie. Mit dieser Schlussfolgerung kann das in der Studie angeführte positive Beispiel auch wieder Alarmglocken läuten lassen. In der Kultursektion des Außenministeriums, die wegen laufend sinkender Budgets und der Schließung von Kulturinstituten bzw. deren Umwandlung in Kulturforen in die Kritik geraten ist, dominieren Frauen die Pyramide der Hierarchie (einer Sektionschefin unterstehen vier Abteilungsleiterinnen und drei Abteilungsleiter). "Die Frage, ob die Präsenz von Frauen bereits die erwähnten negativen Effekte der 'Feminisierung' hervorruft oder ob dies erst durch die Absenz von Männern geschieht, ist ungeklärt", heißt es in der Studie.

Morak in der "Rolle des Schweigsamen"

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S) war der Einladung, sich am Podium der Diskussion zu stellen, nachgekommen. Kunststaatssekretär Franz Morak (V) dagegen nicht. Er habe, so wurde geklagt, bisher noch keine Einladung zu einem Gespräch angenommen. Ein Schicksal, dass die kosmos-Frauen mit dem Kulturstadtrat teilen, der meinte dass es auch ihm nicht gelungen sei, Morak "aus der Rolle des Schweigsamen" zu locken, viele anstehende Fragen wie Künstlerhaus oder Filmszene seien daher bisher unbeantwortet.

Den Mangel an Daten habe er selbst zu spüren bekommen, meinte der Kulturstadtrat. Beim Versuch nämlich, als vormaliger Kunstsektionsleiter einen Frauenkunstbericht aufzustellen. Weit über 90 Prozent der Förderungen seien allerdings nicht wirklich geschlechtsspezifisch zuordenbar.

Lernen, Ablehnung nicht zu akzeptieren

Die Herausgabe von Zahlenmaterial zur Erhebung geschlechtsspezifischer Förderungspolitik steht denn auch in einem Katalog der detaillierten Angaben und Stellungnahmen, die von den subventionsgebenden Stellen gefordert werden. Vor allem auch werden Daten zu abgelehnten Projekten gefordert. Hier, so belegen die Fallbeispiele, scheinen gerade Frauen nicht nur Ablehnungen zu erleben, sondern darüber hinaus, wie von mehreren Seiten beklagt wurde, auch noch Hohn seiten der Beamten im Kunststaatssekretariat. ("Sie sind Pseudeo-Avantgardisten", musste sich Eva Brenner mit ihrem Projekt Theater Studio sagen lassen). "Man muss erst lernen, Ablehnung nicht zu akzeptieren", meinte die Bildhauerin Ulrike Truger, die sich auch schon mal von einem Kulturpolitiker sagen lassen musste "Sie haben eh einen Mann, der gut verdient".

(APA)