Pressespiegel:  „Kommt die Kohle“

 

Ressort: Politik

 

 

Subventionen: Die blau-schwarze Regierung will sparen. Wichtige soziale und kulturelle Initiativen haben nun Angst ums Überleben.

 

Wenn Franz Morak in der Früh seine Wohnung verlässt und durch die Siebensterngasse promeniert, wird er vielleicht bei Hausnummer 42 seine Augen abwenden. Nicht etwa weil die Baustelle im Haus zu viel Staub aufwirbelt, sondern weil der Kunststaatssekretär an etwas lästiges erinnert wird. Die Frauen vom Theater Kosmos, die sich dort auf ihrer Baustelle tummeln, bombardieren den ÖVP-Politiker seit Wochen mit Anfragen bezüglich ihres Subventionsansuchens. Das Kosmostheater soll am 15. Mai eröffnet werden. Geplant sind ein Internetcafé, Clubbings, Literaturabende, Politikveranstaltungen und eben Theater. Vor rund zwei Wochen wurde dem Frauenverein LINK, der das Theater mietet, die Kürzung einer zugesagten Bundessubvention in der Höhe von 300.000 Schilling angekündigt. Vor mehr als einem Monat haben die Frauen zudem ein Förderungsansuchen über 1,8 Millionen Schilling an Morak gerichtet, das die Fertigstellung ihres Projektes garantieren soll. Wenn keine Zusage kommt, droht ein Finanzdebakel. Auf Anfrage des Falters im Büro des Staatssekretärs wird bestätigt, dass der Antrag noch immer geprüft wird. „Wir haben schon an einen Baustopp gedacht“, erzählt Link-Obfrau Barbara Klein, „wenn wir weitermachen besteht die Gefahr, dass wir wegen fahrlässiger Krida belangt werden.“ Das Kosmostheater möchte einfach wissen, ob mit Geld zu rechnen ist. Doch Morak schweigt.

 

Bangen. Warten. Hoffen. In den letzten Wochen lebten viele soziale und kulturelle Initiativen in einem Bedrohungsszenario, das sich aus einer existenziellen Fragestellung ergab: Kommt die Kohle trotz Schwarz-Blau oder kommt sie nicht? Nachdem der Finanzminister die Ermessensausgaben der Ministerien um 15 Prozent kürzen will und auch Sozialministerin Elisabeth Sickl verlautbarte: „Wir werden einsparen müssen, was der Finanzminister vorschlägt“, war Feuer am Dach. Die Wiener Beratungsstelle für Folteropfer Hemayat, die im Integrationshaus Platz gefunden hat, kämpft wegen der bislang ausstehenden Richtlinien für Subventionszusagen ums Überleben „Seit Oktober wurden keine Honorare an die Mitarbeiter bezahlt“, erklärt Hemayat – Psychotherapeutin Barbara Preitler. Hemayat – nach einem persischen Begriff, der so viel wie Schutz bedeutet – betreut durchschnittlich 170 Folteropfer im Jahr. Durch die Budgetknappheit stehen viele auf der Warteliste, „was die Gefahr eines Chronisch-Werdens der Traumatisierungsfolgen mit sich bringt“, wie Preitler erzählt.

 

„Wenn wir jetzt keine sicheren Zusagen bekommen, müssen wir kündigen oder reduzieren“, erzählt auch Katja Russo vom Wiener Verein Frauen beraten Frauen. „Ab jetzt leben wir mit dem Risiko, ehrenamtlich zu arbeiten.“ Ministerin Elisabeth Sickl, die am ersten April die Frauenagenden vom provisorischen „Frauenminister“ Wolfgang Schüssel übernahm, hatte zwar zugesagt, die Mittel nicht zu kürzen, allein die Frauen trauen ihr nicht recht. Die Leiterin der Abteilung für Gleichbehandlung und Frauenförderung Eva Wagner-Lukesch hingegen garantiert, dass „laut Entwurf des Budgetbundesvoranschlages, der am 11. April in den Nationalrat kommt, zumindest die langjährig geförderten Projekte weitergefördert werden“.

 

Also doch nur Hysterie? Kann man damit rechnen, dass die blau-schwarze Regierung mehr bellt als beißt? Bis heute ist jedenfalls nicht geklärt, ob jene Vereine, die bislang vom Frauenministerium, Familienministerium und Sozialministerium gesponsert wurden, auch nachdem all diese Agenden nun in Sickls Händen zusammenfließen, in weiterer Zukunft mit den selben Fördertöpfen zu rechnen haben. Sickl hätte sogar das Recht, sich inhaltlich bei den geförderten Projekten einzumischen. Bislang wurden aber nur auf Landes- und Gemeindeebene Stimmen laut, die regierungskritischen Organisationen an den Kragen wollen.

 

So stellten zwei Salzburger ÖVP-Gemeinderätinnen an SP-Bürgermeister Heinz Schaden eine Anfrage, welche Frauenvereine, die aus öffentlichen Subventionen finanziert werden, an den Protesten und Widerstandsaufrufen gegen die neue Regierung beteiligt waren, da ja „die Steuermittel für Subventionen von allen Steuerzahlern, egal welcher Gesinnung, aufgebracht werden müssen.“ Eine ähnliche Anfrage, mit der Vereinen die Rute ins Fenster gestellt wurde, richteten Salzburger FP-Landtagsabgeordnete an Kulturlandesrat Othmar Raus. Die blauen Abgeordneten vermuteten, dass Förderungsgelder des Landes für die Demonstrationen verwendet wurden. „Welche Maßnahmen werden Sie gegen diejenigen Vereine und Organisationen ergreifen? Sind Sie bereit Vereine und Organisationen von weiteren Subventionen auszuschließen (...), wenn nein, warum nicht?“, heißt es da. Bislang haben die angesprochenen Politiker die Demonstranten noch nicht geoutet. ÖVP-Klubobmann Andreas Kohl hingegen machte in einem Statement zur Streichung des begünstigen Zeitungsversandtarifs für gemeinnützige Vereine in der Wiener Kirchen Zeitung keinen Hehl  aus seiner Haltung. Wenn der begünstigte Tarif falle, werde man den Vereinen stattdessen Direktsubventionen gewähren. Nachsatz Kohls: Dabei werde man „die Böcke von den Schafen trennen“. - (Adelheid Wölfl)