Im
Kosmos-Frauenraum in Wien erinnert das Josephine-Baker-Projekt "Chez
moi" an die spannende Biographie der Tanzlegende.
VON ELISABETH PUBLIG
Welche Assoziationen verbinden sich spontan mit
Josephine Baker, außer Bananenröckchen, Schielen und Eva-Kostüm?
Hochgetanzt aus den Slums von St. Louis zum vitalen Inbegriff der zwanziger
Jahre, vier Ehen, Geheimagentin der Résistance, Fluchthelferin ihres
jüdischen Ex-Mannes, Soldatenunterhalterin an der Wüstenfront,
Bürgerrechtskämpferin in Rassenfragen an der Seite von Martin Luther King,
dafür von McCarthy verfolgt. Während ihrer Auftritte in Österreich läuten die
Kirchenglocken Sturm, um Baker als Signum des Verderbens zu entlarven.
Vom Kunstleben angewidert, verwirklicht Josephine Baker ihren Traum von
Familie und gelebter Toleranz, zieht in ihrer "Werkstatt der
Brüderlichkeit" zwölf "Regenbogenkinder" auf, adoptiert aus
verschiedenen Nationalitäten. Millionenschulden treiben Baker, trotz Spendenaufrufen
von Brigitte Bardot, in die Armut, bis eine monegassische Mäzenin die
13köpfige Familie aufnimmt. Als Josephine Baker 1975 stirbt, wird ihr als
einziger Frau in Frankreich ein militärisches Staatsbegräbnis zuteil. Mit
diesem erfüllten Frauenleben hat sich die Schauspielerin Beatrice Frey
beschäftigt und unter Mitarbeit von Susanne Wolf (Dramaturgie) und Michael
Schottenberg (inszenatorische Beratung) eine kurzweilige, ansprechende Revue,
beziehungsweise eine choreographierte Erzählung entwickelt.
Vorhänge begrenzen die Bühne, dazwischen liegt die Baker-Welt: die große
Auftrittsrampe, die auch schon mal bessere Zeiten gesehen haben mag. Das
Salonorchester Alhambra wirft sich mit schmissiger Livemusik ins Zeug, spielt
dabei genüßlich schauspielerische Parts aus. Auch Meeresrauschen,
Bombeneinschläge, Möwenschreie steuert das Orchester bei.
Die Gemeinschaftsproduktion trägt deutlich die Handschrift eines
harmonierenden Teams, von dem die Schauspielerleistung spürbar profitiert. Schottenbergs
behutsam begleitende Regie erlaubt Beatrice Frey und Massud Rahnama
natürliche Entfaltung und fördert den sympathischen Umgang der beiden
miteinander. Frey durchlebt, tanzt Triumphe und Abstürze der Baker von der
schrillen Nudel zur aufrüttelnden Rednerin, ohne mit dem amerikanischen Idiom
zu dick aufzutragen; Massud Rahnama steht ihr als Conferencier zur Seite -
und belebt seine weiteren vierzig Rollen mit komischem Facettenreichtum.
Etwas zu kurz kommt im Text von Frey und Wolf Josephine Bakers Einfluß auf
das Werk ihrer bedeutenden Zeitgenossen. Max Reinhardt, Hemingway, Cocteau,
Strawinsky partizipierten vom knabenhaft-erotischen Tanz; diese Produktion
gibt jedoch in erster Linie die Karrierestationen wieder. Andererseits deckt
keiner dieser "Promis" Bakers Verdienste zu, und das ist das Gute
an diesem Abend.
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