Der Montag mit Michael Reichel

 



Es ist zum Platzen mit den Plätzen in Wien. Piazzas kennt die Stadt nicht, nur Plätze, die aus allen möglichen Gründen nicht verbaut wurden, aber nie mit dem Motiv, sie dem Stadtbewohner zwecks Genusses zu widmen. Der Helden-, Josefs- und der Michaelerplatz dienen dem Ruhm der Habsburger, der Stephansplatz gehört Gott, der Karlsplatz ist ein Zustand, und der Rest ist, grob gesprochen, als Parkplatz, Kreis- oder dem Schienenverkehr (Praterstern und Schwarzenbergplatz) gewidmet. Wenn "Sitz, Platz!" unter freiem Stadthimmel ein Vergnügen ist, dann zuvorderst immer für Vier- und dann erst für Zweibeiner und meistens auch nur ein schattiges: in engen Gassen. Ein paar Ausnahmen gibt's aber. Plätze aus Architektur-Lehrbüchern sind das zwar auch keine, sondern meistens nur Baulücken oder Dokumente städtebaulichen Versagens. Aber in der Not nimmt der Wiener auch auf solchen Örtchen Platz.
Zum Beispiel in der Josefstadt. Sie hat vor der Piaristen-Kirche einen schönen Platz, der aber auch keiner wirklicher, sondern eine Wucherung der Piaristengasse hinein zwischen die Piaristenschule und -kirche ist. Echte Plätze im Achten sind der Benno-, Albert-, Schlesinger- und Hamerling-Platz, von bunt belebten Piazzas sind sie aber alle so weit entfernt wie der Roosevelt-Platz von der Piazza Navona. Nur der Josefstädter J. M.-Hauer-Platz ist quirlig urban: Man sitzt heraußen im Café Hummel oder vis-à-vis beim Italiener, steigt aus der Bim oder muß beim Shoppen in der Josefstädter-Straße einfach vorbei. Der Platzhirsch "Am Hummel" hat in Wien-Neubau aber jetzt Konkurrenz bekommen: Die Ecke Siebenstern/Kirchengasse mausert sich immer mehr zum Platzerl, das vor Leben nur so platzt. Sechs Lokale, drei mit Schanigärten, gibt es schon. Und jetzt stößt noch der Kosmos FrauenRaum dazu. Wien-Neubau ist um ein heißes Pflaster reicher.